Ein Urlaubsreise-Bericht mit dem Titel “7+ Dinge, die mir bei meiner USA Reise (positiv & negativ) aufgefallen sind” passt auf den ersten Blick nicht in diese – meine Blog-Themen, doch es GEHT auch hier, wie bei anderen Beiträgen und Ge(h)sprächen um SCHRITTE, um Erfahrungen und Erkenntnisse, ums Vorwärtskommen oder darum, den eigenen Horizont zu erweitern, einen anderen Blick auf Themen, Dinge und Sachverhalte zu werfen/zu haben…
Revival Roadtrip USA
Des Öfteren träumten wir davon, als Familie in die USA oder nach Kanada zu reisen. Stark erhöhte Flugpreise in den Schulferien hielten uns immer wieder von ab. Im Juli dieses Jahres hat auch unser zweiter Sohn sein Abitur bravourös gemeistert und so mussten wir den Sommerurlaub nicht in die Ferienzeit legen. Anfang des Jahres stieß mein Mann durch Zufall auf günstigere Flüge nach San Francisco für die letzte August- und die ersten beiden September-Wochen. Und da ja keiner mehr ab September zur Schule muss, haben wir früh im Jahr die Flüge und später dann Mietwagen und Unterkünfte gebucht. Es war ein besonderer Urlaub zu viert, als besonderer Abschluss der Schulzeit unser Jungs, die jetzt 20 und 18 Jahre alt sind.
Auch wenn ich gern plane und organisiere und während meines Studiums im Reisebüro gearbeitet habe, so ist es doch eine willkommene Abwechslung für meinen beruflich gestressten Mann, unsere Reisen zu organisieren. Da ich vor 29 und vor 28 Jahren schon mal im Westen und Südwesten der USA unterwegs war, hat mein Mann eine Route zusammengestellt, auf der auch für mich viel Neues zu sehen war.
Als grobe Orientierung, hier unser Verlauf: Wir sind San Francisco angeflogen, hatten dort 3 Nächte, dann ging es weiter Richtung Osten mit einem Abstecher beim Lake Tahoe und über den einsamsten Highway der USA mit einem Zwischenstopp in Eureka weiter nach Salt Lake City. Dort waren wir ebenfalls für 3 Nächte. Dann ging es weiter südöstlich nach Moab zum Arche Nationalpark und Caynonland Nationalpark, ebenfalls 3 Nächte. Von dort fuhren wir wieder westlich, südwestlich über die Route 66, wo wir für eine Nacht einen Zwischenstopp in einem klassischen Route 66 Motel in Seligman machten. Bei Palm Springs hatten wir eine exquisite Unterkunft doch nur zwei Nächte, was nicht weiter schlimm war, denn 42 Grad Celsius waren außerhalb des Hauses und des Autos kaum auszuhalten. Dann gings weiter an die Westküste nach Morro Bay, das liegt ungefähr auf der Hälfte zwischen Los Angeles und San Francisco. Das war unsere Verschnaufpause, denn dort waren wir für 4 Nächte und haben das Auto nur für kurze Strecken benutzt. Um entspannt den Rückflug am 14. September anzutreten, hatten wir noch einmal zwei Nächte in San Franciso. Am 15.9. um 20.00 Uhr waren wir wieder zu Hause. Genau 3 Wochen, nachdem wir am Sonntag, den 25.8. am Hamburger Flughafen geschlafen hatten, um am 26. von Hamburg nach Frankfurt und von dort nach San Franzisco zu fliegen.
Für mich war diese Reise eine Art Jubiläum. Genau vor 30 Jahren, im Sommer 1994 bin ich für ein Jahr als Au Pair in die USA gegangen. Allerdings nicht in den Westen, auch wenn ich mir ein Kind und Kalifornien gewünscht hatte. Ich war bei einer ganz wunderbaren Familie in Burlington, Vermont, in New England, dicht an der kanadischen Grenze. Eine Zeit lang hatte ich noch Kontakt zu meiner Gastfamilie, sie hatten uns nach 5 Jahren, also in 2000 in Rostock besucht, doch in den letzten 13 Jahren hatte ich keinen Kontakt mehr zu den Gasteltern, ja, und zu den Kindern die letzten 25 Jahre nicht mehr….
Deswegen war es um so aufregender, als ich sie über Google suchte, bei LinkedIn gefunden und eine Nachricht, dass wir in einer Woche in die USA fliegen, geschrieben habe. Wie der Zufall will, wohnt eins der drei Kinder, um die ich mich während meines Au Pair Jahres gekümmert habe, in San Francisco. Thomas, der jüngste, der damals 3 Jahre, also jetzt 33 Jahre alt ist. Wir trafen ihn und seine frisch angetraute Ehefrau zum Dinner in San Francisco und hatten eine wunderbaren Abend, in dem wir von früher sprachen – natürlich erinnert er sich nicht an alles, an das ich mich erinnere, und uns über das austauschten, was wir alle gerade so machen.
Dieses Treffen war dann auch eins meiner 3 Highlights auf dieser Reise. Highlight 2 waren der Arches Nationalpark und Caynonland (die nebeneinander liegen) in Utah und Highlight Nr. 3 der alt belassene Ort „Seligman“ an der Route 66 in Arizona. Siehe Fotos in der Collage unten.
Im Folgenden erzähle ich, was mir gut und was mir weniger gut gefallen hat. Zunächst wollte ich diesen Beitrag in folgende Kategorien einteilen: Was gefällt mir? Was gefällt mir nicht? Was können wir uns von den US-Amerikanern abgucken? Was brauchen wir nicht? Doch beim Auflisten und Drüber-Nachdenken verschwammen diese Kategorien bzw. war es nicht so leicht zu sagen, das könnten wir uns abgucken/annehmen, denn wir haben hier ganz andere Voraussetzungen/Bedingungen als in diesem riesigen Land, dem Land der krassen Gegensätze.
Für & Wider US-Amerikanischer Eigenheiten
Mir ist aufgefallen, dass ich viele Punkte zum Thema Auto, Straßen etc. aufgelistet habe. Das ist nicht verwunderlich, sind wir doch sehr viele Meilen gefahren, haben viel Zeit im Auto verbracht und die Welt aus dem Autofenster heraus wahrgenommen. Es war halt ein Roadtrip.
Und, ebenfalls häufig in meiner Auflistung, Haushalts-Angelegenheiten. Wir hatten 3 Unterkünfte in einem Hotelzimmer und 4 Unterkünfte in Wohnhäusern. Da wir uns dort selbst verpflegt und auch einmal Wäsche gewaschen haben, ist klar, dass mir da so einige Unterschiede/Besonderheiten aufgefallen sind.
Freies Parken
Fast überall (in den kleineren Städten/Orten, natürlich nicht in San Francisco haben wir kostenlos parken können. Es ist eine Autofahr-Nation und aufgrund weniger Möglichkeiten, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, bleibt den Menschen oft nichts anderes übrig, als mit dem eigenen Auto zu fahren. So schön das mit dem kostenlosen Parken und auch immer Parkplätze finden, war, auf Deutschland übertragen oder es uns wünschen, können wir wohl nicht. In Deutschland wäre das negativ zu betrachten: nicht umweltfreundlich, Platzmangel in unseren Innenstädten und es würde dem Bemühen, mehr öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, zu Fuß zu gehen, mit dem Rad zu fahren sowie dem Wunsch nach verkehrsberuhigten Innenstädten entgegenwirken. Fußgängerzonen gibt es in USA kaum. Ich weiß, dass damals vor 30 Jahren, Burlington in Vermont eine der sehr wenigen Städte mit einer Fußgängerzone war.
Alles ein "paar" Nummer größer
Zum Punkt des freien Parkens kommen die großen Parkplätze, sowohl draußen als auch in den Parkhäusern (in Deutschland selbst mit kleinen Autos manchmal sehr schwierig). Auch das ist logisch und den (im ländlichen Raum) riesigen Fahrzeugen geschuldet. Wir hatten tatsächlich auch einen großen Mietwagen, einen Wagener Jeep (siehe Titelfoto). Den haben wir für 4 große Koffer bei 4 Erwachsenen plus Kühltruhe, um die Lebensmittel von einer Unterkunft zur anderen zu fahren, auch gebraucht. In Utah sind uns die extrem großen und vielen Wohnmobile aufgefallen. Da ziehen nicht die PKWs den Wohnanhänger, sondern die Wohnbusse – für die man bestimmt einen Busführerschein braucht – keine Ahnung – ziehen einen PKW, mit dem dann in den Städten flexibler gefahren werden kann.
Hinzu kommen 6–8-spurige Highways um die großen Städte herum. Ich bin zwar keine zurückhaltende Autofahrerin, aber als Beifahrerin und dann in diesem Trubel, wo es auch nicht wie bei uns geregelt zu sein scheint, dass links die Schnelleren fahren und dass links überholt wird, war das nicht so lustig für mich. Was auf einigen Highways gut war, war die Carpool Lane. Die Spur ganz außen links durfte nur von Fahrzeugen benutzt werden, in denen 2 oder mehr Personen saßen. Ich denke, das soll ein Anreiz sein, Carsharing zu betreiben und nicht, dass nur eine Person pro Auto unterwegs ist und den Berufsverkehr noch mehr strapaziert.
Nicht nur die PKW und Parkplätze sind groß/größer als bei uns – sehr viel ist für uns ungewöhnlich groß: Milch, Saft etc. gibt es nicht in 1-Liter, sondern in Minimum 2-, eher in 3-5 Liter Behältern. Die Auswahl an Lebensmitteln in den großen Supermärkten, teilweise sind ganze Regalreihen mit ähnlichen Produkten gefüllt. Portionen, Getränkebecher, Kühlschränke, Abwäschen oder Waschmaschinen (in einer sehr neuen Unterkunft sahen Waschmaschine und Wäschetrockener wie ein spaciger Kleinwagen aus (die Hälfte meines Fiats 500 😉), vieles ist einfach riesig groß. Es gab zwar in jeder Unterkunft ein Bügelbrett und ein Bügeleisen, doch keinen Wäscheständer oder Wäscheklammern – da frage ich mich, ob sie wirklich alles in den Wäschetrockner packen? Und was ich schon damals, während meines Au Pair Aufenthaltes toll fand, sind die großen Einbauschränke bzw. begehbaren Kleiderschränke, die in den Wohnhäusern und manchmal auch in den Hotels zu finden sind.
Und wo ich schon beim Haushalt bin. In jedem der 4 Häuser, in denen wir waren, hatte das Waschbecken in der Küche einen zweiten Abfluss, der mit einem Zerkleinerungs-Hexler versehen war. Wenn z.B. größere Essensreste in den Abfluss kommen, kann man durch Knopfdruck diese Reste zerkleinern lassen, so dass die Rohre nicht verstopft werden. Erst fand ich die Idee gut, beim weiteren Drübernachdenken bin ich mir da nicht mehr sicher, denn es bedeutet ja auch, dass die Abfälle ins Abwasser gelangen. Oder, das habe ich nicht nachgeprüft, es gibt irgendwo im Haus einen Auffangbehälter für diesen Abfluss…
Kostenloses Wasser
Ob in den Städten als Trinkwasser-Spender oder in den Restaurants; teilweise brachten sie Wasserkaraffe und Gläser bereits, während wir uns hinsetzten. Es war auch ok, wenn wir kein anderes Getränk dazu bestellt haben. Das wäre in Deutschland undenkbar – die Mineralwasser-Industrie ist einfach zu groß und gerade mit Getränken macht die Gastronomie einen großen Gewinn. Bei den Temperaturen, die im Südwesten der USA herrschen ist regelmäßiges Wasser trinken auch notwendig.
Nur direkt in den Nationalparks gab es keine Wasserspender oder Verkaufsstände. Dort wurde explizit drauf hingewiesen, dass genug Wasser mitgenommen werden soll, weil es außer bei den Informationen am Eingang keine weiteren Möglichkeiten gibt, Wasser zu kaufen oder die eigenen Wasserflaschen aufzufüllen. Finde ich sehr gut, dass sie die Nationalparks so natürlich wie möglich lassen.
Sauberkeit & Strafe für Verschmutzung
Zum Punkt, dass es in den Nationalparks nichts als Natur gibt, passt eine andere Sache, die mir positiv aufgefallen ist: sowohl in den Parks als auch an den Straßen war es sehr sauber. Keinerlei Abfälle oder Dreck. An einigen Straßen sahen wir Schilder, die sehr hohe Strafen ankündigten, wenn man Müll aus den Fahrzeugen wirft oder auf den Raststätten liegen lässt. Ich habe mich nicht mal getraut, meinen Apfelgriebsch aus dem Fenster zu werfen, was ich manchmal in Deutschland tue, wenn eine Wiese o.ä. am Wegesrand ist, denn der restliche Apfel ist ja biologisch und zersetzt sich. Ich hatte Sorge, jemand hinter mir sieht es und meldet unser Nummernschild der Polizei oder der Highway Patrol.
Natürlich gab es auch das komplette Gegenteil, von dreckigen und unordentlichen Straßen/Gebieten. Besonders aufgefallen ist uns das am ersten Tag in San Francisco, wo wir zufällig durch den Tenderloin-Bezirk gegangen sind. Obdachlosigkeit und Drogenabhängigkeit waren schon immer große Probleme in San Francisco, sind nach der Pandemie und aufgrund neuer Drogen noch mal extremer geworden. Die größten Sorgen bereitet derzeit Xylazin, ein Schmerz- und Berührungsmittel aus der Tiermedizin, das illegal Drogen wie Fentanyl beigemischt wird und deren Wirkung so massiv verstärkt, dass die Süchtigen stundenlang zu Zombies werden. Im besagten Gebiet roch es nicht nur nach Urin, auch das „große Geschäft“ wird auf der Straße verrichtet. Immerhin war die Straßenreinigung mit großen Schläuchen am Reinigen, als wir den Vormittag dort langliefen.’
Und weit weg von den Städten, als wir durch wüstenartige Landschaften und den Reservaten der Nativ Americans fuhren, sah es teilweise auch sehr dreckig, unordentlich und ärmlich aus. Alte Autos, verfallene HomeTrailer (Wohnwagen zu Wohnhäusern umgebaut) bleiben einfach liegen; es ist ja genug Platz vorhanden, da zieht man einfach ein paar Meter weiter. Klar, das Bedürfnis nach Ordnung, Klarheit und Struktur steht bei vielen Bewohnern dieser Gegenden gewiss weit hinten auf der Prioritätenliste, dennoch für mich als Ordnungsliebhaberin schwer auszuhalten – diese Anblicke.
Freundlichkeit & Interesse
Die Freundlichkeit und das Interesse der Einheimischen an uns, unserer Herkunft und unserer Reise haben uns beeindruckt. Egal, ob wir uns unter uns auf Deutsch unterhielten oder sie unseren deutschen Akzent beim Bestellen bemerkten, fast immer wurden wir gefragt, woher wir kommen. In Salt Lake City war die Überraschung, dass wir aus Deutschland kommen, besonders groß. Wahrscheinlich, weil dorthin nicht so viele deutsche Touristen kommen, wie zu den anderen Highlights wie Las Vegas, San Francisco, Los Angeles oder Grand Canyon. Wir haben uns bewusst für eine andere Route entschieden. Zum einen war ich vor 29 und vor 28 Jahren schon mal für je eine Rundreise im Südwesten der USA und kannte dementsprechend die klassischen Ziele. Zum anderen meiden wir gern die Plätze, wo zu viele Menschen sind. Neben den günstigere Flugpreisen außerhalb der Sommerferien ein weiterer Grund, warum wir nicht in der Ferienzeit geflogen sind.
Viele sagen, dass das Interesse und die Freundlichkeit der US-Amerikaner oberflächlich und nicht echt sind. Das mag sein, doch ich finde es einfach schön, ins Gespräch zu kommen, gefragt zu werden oder wenn man mir eine schöne Weiterreise wünscht. Ich selbst gehe auch offen und interessiert auf andere zu; oft zum Leidwesen meiner Kinder, denen es früher peinlich war, wenn ich z.B. in einer Warteschlange mit anderen Wartenden ein Gespräch angefangen habe. Ich glaube, auch jetzt finden sie das nicht so toll. 😉 Ich finde, wir haben doch nichts zu verlieren, wenn wir uns nett unterhalten oder Interesse zeigen. Im Gegenteil. Wir gewinnen so manches.
Unser großer Sohn sah die Sache, dass wir öfter angesprochen wurden, eher kritisch. Besonders in Salt Lake City, noch heute Hauptstadt oder Zentrum der Mormonen, sprachen uns religiöse Menschen bzw. Vertreter:innen von Glaubensgemeinschaften an. Wir erkannten sie teilweise an ihrer Kleidung und alle hatten ein Namenschild auf Brusthöhe. Unser Großer meinte, sie sprechen die Menschen nur an, um sie für ihre Glaubensgemeinschaft zu interessieren oder sie gar zu bekehren. Das mag vielleicht ihr ursprüngliches Anliegen gewesen sein, doch sie hätten sich ja nicht mit uns weiter unterhalten brauchen, als sie erfahren haben, dass wir aus Deutschland kommen.
Was uns auch aufgefallen ist: die Menschen dort waren entspannter als wir (Deutschen). Auch wenn sie sich oft lautstark unterhalten, so schrie, meckerte oder beschwerte sich niemand. Selbst auf den Straßen – gut, auf dem einsamsten Highway der US, den wir einen ganzen Tag lang gefahren sind, gibt’s keinen Grund fürs gestresst sein, obwohl wir dort auf Grund eines großen Unfalles warten mussten) – doch auch auf den 6-spurigen Autobahnen ging es im gemäßigten Tempo zu. Da fragte ich mich, ob wir in Deutschland nicht auch überall ein Tempolimit einführen sollten… Aber das ist nun so gar nicht mein Fachgebiet und die Auto-Lobby hat hier einen sehr großen Stellenwert.
Selbst an einer Kreuzung, an der jede Straße ein Stoppschild hat und der erste, der an die Kreuzung ranfährt, der erste ist, der weiterfährt, waren sie immer entspannt und haben für unsere Verhältnisse lange und ruhig gewartet, ob alle mitbekommen haben, wer wann an die Kreuzung kam und als nächstes fahren kann. Da unser 2. Sohn 5 Tage vor unserer Abreise seine praktische Führerschein-Prüfung bestanden hatte, haben wir darüber natürlich viel diskutiert. In Deutschland ist die „rechts vor links“ Regel ja schon für viele schwierig… wie würden wir uns mit 4 Stopp-Schild-Straßen anstellen?
Apropos Schilder: auch das ist etwas sehr Ungewöhnliches für uns Deutsche: In den Vorgärten, an Zäunen oder Gebäuden platzieren die US-Amerikaner Schilder von den Kandidaten oder Parteien, die sie bei politischen Wahlen unterstützen. Hier bei uns wird selten offen über die politische Ausrichtung gesprochen…
Viel zu viel Plastik
In die Kategorie „hat uns nicht gefallen“ fällt definitiv das Thema Plastik. Wir haben schon von anderen USA-Reisenden gehört und in vielen Beschreibungen gelesen, dass es in den Hotels und vielen Restaurants nur Plastebesteck gibt. Wenn es denn nur das Besteck gewesen wäre… Bei einer Zwischenübernachtung im Best Western Hotel in Eureka war morgens beim Frühstück alles einzeln verpackt: das Müsli, der Porridge, die Bagels, Butter, Aufschnitt, belegte Brote, Tacos etc. Immerhin das Obst nicht und die Getränke kamen aus dem Automaten. Das war mal eine Frühstücks-Buffet-Erfahrung, denn wir mussten uns alles auch selbst zubereiten. Ich denke, das liegt am Personalmangel, mit dem auch die USA doll zu kämpfen hat, besonders nach Corona.
Ob in Cafés oder einfacheren Restaurants, meisten wurde das Essen in Pappkartons oder auf Tabletts mit Papier ausgelegt serviert. Heiße Getränke in Papp- und kalte Getränke in Plastebecher und natürlich Plastebesteck. Auch Plastetrinkröhrchen sind dort nicht wie bei uns verboten, sondern gang und gäbe. Genauso wenig haben sie die festsitzenden Plastedeckel, die bei uns an jeder Plasteflasche oder Tetrapack sind. Und sie sortieren nicht so genau die recyclebaren Abfälle wie wir. Es gab eine Tonne, in die Plaste, Papier und Glas kam. Wahrscheinlich wird das dann noch von Hand woanders sortiert bevor es wiederverarbeitet wird. Was ich auch sehr unnütz fand, war, dass die extra Toilettenpapier-Rollen in den Hotels jede für sich in Papier eingewickelt war. Warum auch immer… Und meistens war es nur einlagiges WC-Papier, keine Ahnung, ob es das bei uns auch gibt…
Weitere Auffälligkeiten
Alle Duschen, ob im Hotel oder in den Wohnhäusern, die wir gemietet hatten, gab es nur fest installierte Duschen/Duschköpfe. Ich als Frau, möchte mir manchmal nur die Haare waschen oder mal duschen, ohne die Haare nass zu machen. Das war dort nicht möglich, denn wir konnten nirgends den Duschkopf in die Hand nehmen. Ich weiß, ist kein richtige Problem, aber etwas, das anders ist als bei uns.
Vieles ist einfach zu süß. Ob die Getränke, Müsli und Cornflakes, Bagels und Brot oder auch Dips und Saucen. Gut dagegen fand ich, dass sie neben dem auch bei uns bekannten und sehr süßen Ice Tea auch Iced Tea hatten. Also normal gekochten schwarzen Tee, den sie dann gekühlt und mit Eiswürfeln servieren.
Zu den sehr süßen Lebensmitteln kommt, dass sie teilweise auch sehr teuer sind. Besonders die gesunden Lebensmittel, also Obst und Gemüse oder auch Milchprodukte bzw. ihre Alternativen. Das hatte ich schon vor 30 Jahren bemerkt. Die, die sich gesunde und frische Lebensmittel leisten konnten, hatten einen normalen Bodymaß-Index; die, die es sich nicht leisten konnten und sich vom günstigeren Fast Food ernährten, waren wesentlich dicker und sahen ungesünder aus. Was die Lebensmittelpreise bei uns in Deutschland betrifft, sind bzw. waren wir bis zur Inflation in den letzten Jahren sehr verwöhnt. In vielen anderen westlichen europäischen Staaten sind Lebensmittel schon lange wesentlich teurer als bei uns. Ich habe einen guten Vergleich nach Finnland, wo mein Bruder lebt.
Positiv fanden wir, dass sich gut und viel um geh-behinderten Personen gekümmert wird. Überall gab es auffällig viele und große – klar, wie soll es anders sein – Parkplätze reserviert für Beeinträchtigte. Dass jemand für einen Behinderten-Parkplatz berechtigt ist, sieht man bereits im Nummernschild, wo das Rollstuhlzeichen direkt integriert ist.
Wo ich gerade wieder mal beim Auto-Thema bin, eine Ergänzung habe ich da noch: In den vier Bundesstaaten Nevada (2011), Florida (2012), Kalifornien (2012) und im District of Columbia (2012) ist automatisiertes Fahren ohne Einschränkung im öffentlichen Verkehrsraum erlaubt. Wir haben es live erlebt in San Francisco. Dort fahren die Waymo-Robo-Taxis (siehe Foto). Das ist schon spuky, wenn ein Auto ohne Fahrer unterwegs ist und die Fahrgäste ein- und aussteigen. Wir wollten es versuchen, doch konnten aus irgendwelchen Gründen die App nicht installieren. Sie sind sehr gemäßigt und „achtsam“ gefahren, haben überall Kameras und sollen wenig bis kaum Unfälle verursachen. Ich weiß nicht, ob man so etwas braucht, doch das ist die Entwicklung und Zukunft, die wir nicht aufhalten können.
Mein Fazit
„Ich verstehe den Hype um die USA nicht. Leben würde ich hier nicht wollen.“ – Das war das Fazit unseres jüngeren Sohnes. Der Große hatte eh schon eine sehr distanzierte Meinung zum Land und seiner Politik, doch beide nehmen besondere Eindrücke der Landschaft und Natur mit nach Hause. Das sagten sie auf die Frage meines Mannes, was sie denn vom Urlaub mitnehmen.
Auch ich nehme ganz viele tolle Eindrücke – und Skizzen in meinem Reise-Journal – von atemberaubenden und so gegensätzlichen Landschaften mit. Leben möchte ich dort – im Südwesten zumindest – auch nicht. Einmal mehr ist uns bewusst geworden, wie gesegnet wir sind, hier in Deutschland und was Naturkatastrophen und Klima-Extreme betrifft – speziell hier in Mecklenburg-Vorpommern zu leben. Ich bin sehr dankbar, hier zu leben und dieses Leben mit meiner Familie sowie all seinen Vorteilen, Bequemlichen und Extras leben zu dürfen/zu können.
Wir sind sehr stolz auf unsere Jungs, wie sie sich in der Welt bewegen, zurechtfinden und ausdrücken. Auch wenn sie meinten, dass mein Englisch schon etwas veraltet ist und heute ein anderes, moderneres Englisch gesprochen wird. Häh… ? Aber ist ja auch logisch. Ich habe vor 30 Jahren dort gelebt und tatsächlich nach 8 Monaten auch auf Englisch geträumt. Das war in einem anderen Jahrhundert, ja sogar in einem anderen Jahrtausend… 😉
Und wir können stolz auf unsere Beziehung/Partnerschaft sein. Wir sind ein super Team, können uns auf den anderen verlassen und sind als Familie wieder ein Stück mehr zusammengewachsen. Ich freue mich sehr, dass ich den Kontakt zu meiner Gastfamilie wieder hergestellt habe. Wir haben sie nach Deutschland eingeladen und unsere nächste USA Reise geht an die Ostküste, um die anderen Mitglieder meiner damaligen Gastfamilie zu besuchen.
Abschließend, und um den Bogen zu meinen sonstigen Themen zu schließen, möchte ich erwähnen, dass ich die teilweise sehr langen Autofahren gut zum Nachdenken genutzt habe. So wie bei längeren Spaziergängen oder Wanderungen, wanderten meine Gedanken als Beifahrerin zu den unterschiedlichsten Themen. Immer, wenn mir was für diesen Beitrag einfiel, habe ich es mir in meinem Timer notiert, ich habe mir Gedanken über das letzte Business-Quartal gemacht, eine Menge To-Dos aufgelistet, die ich jetzt hoffentlich umsetze. Zwar nicht im Auto, doch abends habe ich statt TV gucken, gelesen und 2,5 Bücher geschafft. Ich habe ein Reise-Journal gestaltet, mit Collagen und Aquarellbildern. Mal sehen, wie lange ich es schaffe, abends was anderes zu machen, als auf der Couch zu sitzen, am Laptop zu arbeiten und nebenbei irgendwelches Zeug im TV zu gucken. Doch manchmal ist man so ko, da kann man sich nur noch berieseln lassen. Und manchmal ist das ja auch vollkommen ok.
So, das wars mit meiner Reisebericht-Erstattung. Ich hoffe, du konntest ein paar Infos für dich mitnehmen; vielleicht planst du ja auch einen Tripp in die Gegend. Wenn ja, scheue dich nicht, mich zu fragen, was immer dir auf dem Herzen liegt. Wenn nein, hat es dich vielleicht etwas unterhalten. 😊
Liebe Grüße, alle Liebe & Gute und bleib GEHsund, deine Annett